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Klebeelektroden gibt es in Hülle und Fülle. Sie sind unbestritten sehr praktisch, es gibt sie in verschiedenen Grössen und falls nötig können sie -mit Vorsicht- zugeschnitten werden. Es gibt solche die nur einmal verwendet werden sollten und solche, die mehrfach benutzbar sind.
Es gibt dennoch ein Paar Nachteile. Gute, mehrfach verwendbare Elektroden sind nicht gerade billig. Dies kann den Anwendern dazu verführen die Dinger so oft zu verwenden, dass die Klebeschicht, die ja auch leiten soll, nicht mehr so gut hält und auch nicht mehr so gut leitet. Dies kann Hautirritationen zu Folge haben.
Irritationen können auch entstehen auf Grund von Allergien, in meinem Buch gehe ich da etwas ausführlicher auf ein. Die Allergien sind in der Regel nicht ernst, sind aber störend und führen oft dazu, dass man eine alternative Elektrodenplatzierung finden muss oder die Behandlung vorübergehend abbrechen muss. Auch muss man eine andere Elektrodenmarke ausprobieren. Da die chemische Zusammensetzung der Klebeschicht nicht deklariert wird, weiss man nicht worauf der Patient reagiert hat und ob die allergene Substanz in eine andere Marke benutzt wird. Ausprobieren also.
Lästig.
Ein weiterer Nachteil ist, dass diese Elektroden normalerweise absolut nicht benutzt werden dürfen wenn man mit nichtkompensierten Impulsen arbeitet. Also solche mit einem Gleichanteil, Impulse die man normalerweise bei der Stimulation denervierter Muskeln einsetzt. (Gleichanteil = Gleichstromanteil)
Nun hatte die Firma Zimmer Einmalelektroden im Programm mit einer speziellen Klebeschicht. Diese Klebeschicht war chemisch so zusammengestellt, dass sie die bei monophasischen (also nichtkompensierten) Impulsen entstandene Lauge und Säure puffert, also neutralisiert. Deshalb durften diese Elektroden bei Strömen mit Gleichstromanteil verwendet werden. Aber nur einmal, versteht sich.
Tja, und dann wurden die Anforderungen an die Elektroden geändert, die Firma hat neue Versuche durchgeführt die leider zu inkonsistenten Ergebnissen geführt haben und nun hat Zimmer sich dazu entschieden ihre Elektroden nicht mehr für die Verwendung mit nichtkompensierten Impulsen frei zu geben.
Ich zitiere hier einen Mitarbeiter der Firma Zimmer, der so freundlich war mir die Sache genau zu erklären.
Die Beschichtung der Einmalelektroden ist in der Tat dafür ausgelegt, bei Gleichströmen oder nichtkompensierten Ströme entstehende Ionen zu puffern. Bis Anfang 2021 konnten wir eine Stromdichte von 1mA DC pro cm² Elektrodenfläche für die Anwendung freigeben. Dies war auch so auf der Verpackung der Elektroden angegeben. Im Zuge der Umstellung der Elektroden auf die neuen Vorgaben der MDR wurden entsprechende Versuche wiederholt, diesmal leider mit inkonsistenten Ergebnissen. Da weiterer Forschungsaufwand nicht betrieben werden konnte, mussten wir uns leider dazu entschließen, die Anwendung von Gleichströmen und Strömen mit Gleichanteil auszuschließen.
Eine puffernde Wirkung ist also gegeben, jedoch lässt sie sich leider nicht sicher quantifizieren.
Eine Mehrfachanwendung der Elektroden schließen wir aus. Der unbestimmbare und somit limitierende Faktor ist die Klebekraft der Elektroden, die nach einmaliger Anwendung (z.B. durch Fett oder Schweiß) beeinträchtigt sein kann. Auch hier können wir leider – auch wenn die Elektrode dies in einzelnen Fällen rein technisch gestatten würde – aufgrund der nicht mehr sicher gegebenen Eigenschaften keine Mehrfachanwendung zulassen. Bei Ablösen der Elektrode von der Haut des Patienten würde die verkleinerte Kontaktfläche eine erhöhte Stromdichte erzeugen.
Ende Zitat.
Und dann ist da noch dies.
Theoretisch könnte man durch Umpolung oder Vertauschung der Elektroden eine Art Regeneration des Puffers erreichen,da vor der Umpolung entstandene Säuren und Basen jeweils mit der basischen und sauren Komponente des Puffers reagiert hat.
Die Umpolung würde so zu einer einfachen Neutralisation der durch Elektrolyse entstandenen Säuren und Basen führen.
Wenn es sich bei diesen Puffer-Elektroden
jedoch um ein zugelassenes medizin-technisches Produkt handelt, würde eine nicht-anwendungskonforme Regeneration zu rechtlichen Schwierigkeiten führen in Fällen von Patientenklagen bei allfälligen Schäden.
Es sei also an dieser Stelle mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass der Anwender (der Therapeut) im Falle einer Schädigung (Verätzung) aufgrund einer nichtkonformen Verwendung bei diesen Einmalelektroden für den Schaden haftbar ist. Eine Firma übernimmt in diesem Falle selbstverständlich keine Verantwortung.
Ich habe bei einen anderen Hersteller für mehrfach verwendbare Elektroden Angefragt ob ihre Elektroden über eine vergleichbare Pufferschicht verfügen. Sobald ich eine Antwort bekomme, werde ich den Blog-Eintrag aktualisieren.
Fazit: Klebeelektroden sind praktisch aber nicht unproblematisch. Bitte die Dinger nicht verwenden bei Behandlungen mit nichtkompensierten Impulsströmen, also solchen mit einem Gleichstromanteil.
Bitte weitersagen.